Erfolgreich nach Schweden umziehen / auswandern

Ulrika, Schwedischlehrerin bei OBS!, berichtet:

Vor ein paar Wochen erzählten mir Stefan und Valerie während des Schwedischunterrichts eine Geschichte, die mir im Kopf geblieben ist. Das Paar hat im Sommer 2023 den Schritt gewagt und ist von Deutschland nach Nordschweden ausgewandert.

Sie berichteten von zwei deutschen Paaren in ihrer Nähe: Das eine Paar spricht kaum Schwedisch und hat Schwierigkeiten zurechtzukommen, während das andere Paar einen Sprachkurs absolviert hat und die Sprache schon sehr gut beherrscht. Dennoch sind sie noch nicht so vertraut mit kulturellen Bräuchen, Traditionen und kleinen Sprachnuancen im Alltag. Als das Paar bei Stefan und Valerie zum Abendessen eingeladen war, fragte Stefan, ob jemand ein „stödmacka“ haben möchte. Diesen speziellen Begriff hatte das Paar noch nie gehört, während wir darüber im Unterricht gesprochen hatten. „Stödmacka“ ist ein Ausdruck, den nur diejenigen kennen, die mit der schwedischen Gesellschaft vertraut sind: ein „Stütz-Butterbrot“.*

Diese Anekdote hat mir sehr deutlich gezeigt, wie essentiell ein individueller Ansatz beim Sprachunterricht ist, wenn das Ziel ein Umzug nach Schweden ist.

In Schweden gibt es zahlreiche Herausforderungen für Neuankömmlinge, insbesondere wenn es um Integration in die Gesellschaft und das Verständnis der kulturellen Gepflogenheiten geht. Anhand dieses konkreten Beispiels sowie weiterer Erzählungen von Kursteilnehmern, die bereits nach Schweden ausgewandert sind, möchte ich die verschiedenen Schritte vor und nach einem Umzug aufzeigen, die ich in meinem Sprachunterricht für Auswandernde nach Schweden verwende.

Schritte vor dem Umzug

  1. Praktische Angelegenheiten
    Je nachdem, wie weit man bereits ist mit den Plänen, bietet sich Wohnungssuche, Immobilienanzeigen oder Kaufverträge wunderbar als Teil des Sprachunterrichts an. Durch das Thema „Personnummer“ bekommt man einen authentischen Einblick, wie schwedische Behörden funktionieren und wie die Kommunikation abläuft. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Suche nach einer Arbeitsstelle und das Verfassen von Lebenslauf und Anschreiben. Wertvoll finden Teilnehmer auch, dass wir mehrmals üben sich in professionellen Zusammenhänge vorzustellen und über seine Kompetenzen, Fähigkeiten und Wünsche zu sprechen.
  2. Sprachvorbereitung
    Intensive Sprachkurse und Selbststudium zur Bewältigung des täglichen Lebens auf Schwedisch sind unabdingbar. Bei mir wird besonders viel Wert auf die mündliche Kommunikation gelegt, da sie eine Grundvoraussetzung für das Funktionieren im Alltag ist.
  3. Kulturelles Verständnis
    Alle, die sich für Schweden interessieren, kennen „Midsommar“, aber wie sieht es aus mit „Våffeldagen“ oder „Kräftskiva“? Beide sind essentielle Tage für viele Schweden – und wir lernen daher nicht nur, wie man diese Tage feiert, sondern auch den Entstehungshintergrund, um ein Verständnis für diese Traditionen zu erhalten.
    Schweden ist ein weitgestrecktes Land mit unterschiedlichen Bedingungen in Nord und Süd. Neulich hatte ich ein Paar, das gerne ins tiefste Nordschweden ziehen möchten, da sie die Ruhe und die Natur sehr schätzen. Als wir die Berufsbedingungen prüften, stellten wir fest, dass die Physiotherapeutin auf ein größeres Einzugsgebiet als ursprünglich geplant angewiesen ist. Daher war es wichtig, bei der Wohnungssuche auf Anbindung an die größeren Städte in Nordschweden zu achten.
  4. Vernetzung
    Warum sollte man seine neuen Nachbarn auf ein „Fika“ einladen und wie spreche ich sie überhaupt an? In Schweden wird Nachbarschaftsgeist geschätzt, und eine Fika-Einladung kann der erste Schritt sein, um gute Beziehungen zu den Menschen in Ihrer zukünftigen Umgebung aufzubauen. Es üblich in Schweden, sich direkt und freundlich, aber dennoch respektvoll anzusprechen. In der Regel verwendet man den Vornamen, selbst in formelleren Kontexten.

    Es ist übrigens gut zu wissen, dass man in Schweden eine Torte auf gar keinen Fall vorschneidet, da es unhöflich wäre den Gast die Größe des Kuchenstückes nicht selbst aussuchen zu lassen!

Schritte nach dem Umzug

  1. Aktive Teilnahme am Leben vor Ort
    Schwedinnen und Schweden gelten im Ausland als sehr freundlich, aber zurückhaltend. Umso wichtiger ist es, die Menschen dort zu treffen, wo sie sind. Schweden hat ein sehr verbreitetes Vereinsleben, das dazu einlädt auf natürliche Art Freundschaften zu schließen. Eine weitere Idee, wie man aktiv am Leben vor Ort teilnimmt, ist durch die Musik. Viele Menschen in Schweden lieben es zu singen (im Chor oder bei „Allsång“) und „Dansband“ zu hören oder dazu zu tanzen (da gibt es z. B. die jährliche „Dansband-Woche in Malung“). Und nicht zu vergessen: die unermüdliche Begeisterung für den Eurovision Song Contest und die Vorentscheidungen im „Mello“ (Melodifestivalen). Wer sich also ein paar Lieder merken kann, einige Freitagabende im Winter die „Mellos“ im Fernseher anschaut oder das eine oder andere „Dansband“-Stück bei der Nachbarschafts-Feier anhört, hat schon viel gewonnen und wird bald ein ganz aktives Schweden-Leben führen.
  2. Feinabstimmung der Sprachkenntnisse
    Auch ohne die „Sie“-Anrede können die Schwedinnen und Schweden höflich und respektvoll miteinander umgehen. Die Lösung dafür sind viele Verbphrasen und gelegentlich eine indirekte Sprache. Auch die Wörter „tack“ und „varsågod“ können nicht oft genug verwendet werden. Und die Leute schaffen es tatsächlich Sätze mit vier Verben zu bilden, um richtig höflich zu sein: „Jag skulle vilja be att få …“ (Ich hätte gerne …).
  3. Verständnis für schwedische Kultur
    Ein Beispiel: Der Geburtstag steht an und es passt zeitlich einfach nicht, am Geburtstag selbst zu feiern oder danach. Kein Problem in Schweden, hier ist das Vorfeiern von wichtigen Ereignissen selbstverständlich und keiner glaubt daran, dass es Unglück bringt. Genauso selbstverständlich ist es, wenn man jemand im Vorfeld gratuliert. Der Gedanke zählt und nicht der Zeitpunkt.
  4. Soziale Integration
    Nachbarn und Freunde zu einem Einweihungsfest einzuladen ist ein wunderbares Mittel, um Freundschaften zu knüpfen. Bei der Feier kann man beispielsweise eine klassische schwedische „Tipspromenad“ veranstalten: Das ist ein Fragespiel im Freien, bei dem man raten und nicht googeln sollte!

Fazit
Ein erfolgreicher Umzug nach Schweden erfordert mehr als nur das Beherrschen der Sprache. Mehrere Teilnehmende berichten davon, wie wichtig es ist, die sprachlichen und kulturellen Feinheiten zu kennen, um sich leichter am Leben beteiligen zu können und in seinem Umfeld nicht negativ aufzufallen. Außerdem freuen sich neue Nachbarinnen und Freunde darüber, wenn man Verständnis für die schwedische Lebensweise zeigt. So hat man auch gleich ein Gesprächsthema: die Unterschiede zwischen Schweden und den deutschsprachigen Ländern. Ein Gewinn für alle!

*Übrigens, ein „stödmacka“ ist ein Sandwich, das gegessen wird, während andere, komplexere Gerichte zubereitet werden.

Ulrika Rieger, Lehrerin bei OBS!


Dieser Artikel basiert auf den Erfahrungen und Strategien, die Ulrika in ihrem Unterricht nutzt, der auf eine Auswanderung oder einen Umzug nach Schweden vorbereitet. Wenn Sie Interesse daran haben, Unterricht bei Ulrika zu nehmen, melden Sie sich gerne bei uns: info@obsonline.de oder 0951-5193 5757.

Hinweis: Auf der Insel Öland gibt es Schwedischkurse, die sich speziell an Auswanderungsinteressierte wenden.

Bilder: privat